Wald ist kostbar. Er dient der Erholung, leistet einen Beitrag zum Boden-, Lärm-, Klima- und Wasserschutz und liefert uns den Rohstoff Holz. Die nachhaltige, ökologische Bewirtschaftung des Waldes ist das Kerngeschäft der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten. Besonders wichtig ist uns dabei die Berücksichtigung von ökologischen und sozialen Aspekten.
Alexander Decius, Revierleiter in der Försterei Wüstenfelde, Hartmut Hoffmann, Forstwirt im Revier Langenberg, und Bartholomäus-Hagen Kufner aus dem Sachgebiet »Nadelholzvermarktung und Logistik« beantworten Ihre Fragen zur Bewirtschaftung des Waldes.
Wieso braucht die Natur Unterstützung durch neue Bepflanzungen und kann sich nicht selbst helfen?
Bleibt ein Fichtenwald nach einem Borkenkäferbefall sich selbst überlassen, wächst aus den Samen im Boden ein neuer Fichtenwald. Deshalb ist es notwendig, auch andere Baumarten anzupflanzen, denn wir wissen, dass ein reiner Fichtenwald im Klimawandel keine Zukunftschance hat. Artenreiche Mischwälder, die dem Klimawandel trotzen, entstehen nicht von selbst.
Die Verjüngungsstrategie der SHLF stützt sich zu zwei Dritteln auf die Naturverjüngung, insbesondere wo bereits naturnahe Mischwälder vorhanden sind, und nur zu einem Drittel auf Pflanzung/Saat, insbesondere in den Waldumbaubereichen.
Alexander Decius
Schadet die Waldbewirtschaftung der Biodiversität?
Im Jahr 2017 untersuchte die Ornithologische Arbeitsgemeinschaft (OAG) die Bestandsentwicklung von Brutvögeln, die in Schleswig-Holstein häufig anzutreffen sind. Die Bestände nahmen die Vogelkundler als Indikator für die Biodiversität im Wald. Sie kamen dabei zu folgendem Ergebnis: »Aktuell erreicht der Indikator »Repräsentative Arten« für Wälder 139,6 Prozent des Ausgangswertes 2004. Das ist der bisher höchste Wert.«
Demnach hat sich die Biodiversität im Wald verbessert. Der Indikator ist einer von 24 Umweltindikatoren, die 2004 von der 62. Umweltministerkonferenz (UMK) beschlossen wurden. Inzwischen haben verschiedene Länder diese Initiative aufgegriffen und entsprechende Indikatoren auf Landesebene entwickelt.
Alexander Decius
Warum werden so viele Bäume gefällt?
Holz ist ein fester Bestandteil unseres täglichen Lebens. Ob als Bau- oder Möbelholz, Parkettboden, Industrieholz, Brennholz oder in Form von Zellstoff für die Papierherstellung – ein Leben ohne Holz ist undenkbar. Die Aufgabe der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten besteht darin, den Wald ökologisch und ökonomisch sinnvoll zu bewirtschaften, um den nachwachsenden Rohstoff Holz dauerhaft in der notwendigen Menge bereitzustellen. Die SHLF sorgen dafür, dass qualitativ gute, vitale Bäume, aus denen später zum Beispiel Möbelstücke entstehen können, optimale Wachstumsbedingungen vorfinden. Bei der Waldpflege entfernen die Forstwirte unmittelbare Bedränger dieser »Zukunftsbäume«, die mit ihnen um Licht, Wasser und Nährstoffe konkurrieren. Die verbliebenen Bäume können auf diese Weise besser wachsen.
Alexander Decius
Warum ist es so wichtig, Holz aus heimischen Wäldern zu nutzen?
Kurze Wege und die Nutzung regionaler Ressourcen sprechen eindeutig für heimisches Holz aus nachhaltiger Waldwirtschaft. Das Holz der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten erfüllt höchste Umweltstandards. Es trägt dazu bei, Arbeitsplätze zu erhalten. Als FSC® (C010535)- und PEFC-zertifizierter Betrieb bewirtschaften die Landesforsten die ihnen anvertrauten Wälder nachhaltig und naturnah nach strengen ökologischen und sozialen Maßstäben. Momentan wird in Deutschland mehr Holz verbraucht als produziert. Importholz weist jedoch oft keine vergleichbaren Umweltstandards auf.
Bartholomäus-Hagen Kufner
Welche Vorteile hat Holz gegenüber anderen Materialien?
Holz ist ein nachwachsender Rohstoff aus der Region, der bei nachhaltiger Nutzung immer da sein wird. Je nach Holzart besitzt er höchst unterschiedliche Eigenschaften. Er kann fest sein oder weich, leicht oder schwer, biegsam oder formbeständig. Auf jeden Fall ist Holz langlebig und behält seinen Wert. Im Vergleich zu anderen Werkstoffen wird beim Gewinnen und Verarbeiten von Holz weniger Energie eingesetzt. Ein wichtiger Pluspunkt!
Bartholomäus-Hagen Kufner
Die Holzerntemaschinen fressen den ganzen Wald auf und machen die Wege kaputt!
Holzerntemaschine, die sogenannten »Harvester«, fällen, entasten und sägen die Bäume in bestimmte Längen ein. Die Forstwirte entnehmen mit ihren Maschinen nur Bäume, die für die Fällung ausgewählt und gekennzeichnet sind. Im Rahmen der ökologischen Waldwirtschaft ernten die Landesforsten nicht mehr Holz, als nachwächst. Zum besonderen Schutz des Bodens dürfen die Maschinen nur auf befestigten Waldwegen und auf speziell ausgewiesenen »Rückegassen« fahren. Diese werden von uns Förstern festgelegt und ausgewiesen. Zwei Querstriche an den Bäumen dienen dem Maschinenführer als Orientierung: Hier geht es vom Waldweg auf die Rückegasse. 85 Prozent der Waldfläche dürfen überhaupt nicht befahren werden! Eine Schutzschicht aus Astwerk verringert zusätzlich den Kontakt des Harvesters mit dem Waldboden. Obwohl die Maschinen riesig wirken, arbeiten sie wald- und bodenschonend. Dank ihrer hohen Arbeitsgeschwindigkeit lassen sich die Störungszeiten im Wald sehr kurz halten. Für die Forstwirte ist das Arbeiten im Wald durch den Einsatz von Harvestern zudem deutlich sicherer geworden, da das Fällen der Bäume mit der Motorsäge viele Gefahren birgt!
Alexander Decius
Wie viel Holz wird eigentlich genutzt und wer bestimmt das?
In den Wäldern der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten entfallen auf jeden Hektar Waldfläche rund 326 Kubikmetern Holz. Insgesamt wird deutlich weniger Holz entnommen, als nachwächst. Der Holzzuwachs beläuft sich auf rund 409.000 Kubikmeter pro Jahr, der Holzeinschlag (Hiebsatz) liegt bei 230.000 Festmetern, Stand September 2017. Unterm Strich steigen die Vorräte kontinuierlich an. Alle zehn Jahre ermittelt die Forsteinrichtung den Vorrat und legt den Hiebsatz fest.
Bartholomäus-Hagen Kufner
Warum ist unser Wald so unaufgeräumt?
Abgestorbene Bäume, abgebrochene Äste und nach Fällarbeiten zurückgelassene Baumkronen sind eine Kennzeichen der ökologischen Waldwirtschaft. Sie bieten zum einen Pilzen, Flechten, Moosen und Insekten, aber auch Säugetieren und Vögeln wertvolle Lebensräume. Zum anderen dient der durch natürlichen Zerfall entstehende Nährstoffeintrag in den Boden als Dünger und unterstützt somit das Wachstum der Bäume und Pflanzen. Ohne Totholz kann ein gesunder Wald nicht funktionieren.
Alexander Decius
Was geschieht mit dem geernteten Holz?
Das meiste Holz bleibt in Deutschland und wird entweder direkt in Schleswig-Holstein weiterverarbeitet oder zunächst in andere Bundesländer transportiert. Einen kleinen Teil des Holzes verkaufen die Landesforsten ins Ausland.
Alexander Decius
Was wird aus dem Holz gemacht?
Die Möbelindustrie fertigt aus Holz Stühle, Tische, Schränke, Lattenroste, Regale, Betten und vieles mehr. Auch Gartenmöbel sind häufig aus Holz. Holz dient als Baumaterial in Form von Brettern, Balken, Dielen und MDF-/OSB-Platten. Ohne Konstruktionsvollholz und Brettschichtholz ist Bauen nicht denkbar. Furniere und Parkettböden bestehen aus Holz, dazu Alltagsgegenstände wie Eisstiele oder Frühstücksbrettchen. Auch die Zellstoff- und Papierindustrie benötigt große Mengen an Holz, nicht zu vergessen die Verwendung als Brennholz zur Energie- und Wärmegewinnung oder im heimischen Kamin.
Bartholomäus-Hagen Kufner
Welches Holz wird wofür verwendet?
Nadelhölzer werden in der Bauwirtschaft für Balken, Sparren, Bretter und Konstruktionshölzer sowie Holzwerkstoffe und andere Produkte für den Innenausbau verwendet. Die Verpackungs- und Logistikwirtschaft setzt Paletten aus Nadelhölzern ein. Für Papierhersteller sind Industriehölzer, die in den Zellstoffwerken verarbeitet werden, wichtig. Das qualitativ schlechtere Holz wird in Heizkraftwerken zur Energie- und Wärmeerzeugung verbrannt.
Laubholz wird vor allem im Innenausbau für Treppen, Fußböden und Spanplatten, aber auch als Brettschichtholz im Konstruktionsbau verwendet. Es ist wichtig für die Möbel- und Furnierindustrie. Hartlaubhölzer wie Eiche, Buche oder Esche werden häufig als kohlendioxidneutraler Brennstoff eingesetzt.
Bartholomäus-Hagen Kufner
Darf man im Sommer im Wald Bäume fällen?
Im Rahmen der »ordnungsgemäßen Forstwirtschaft« dürfen wir auch im Frühjahr und Sommer Bäume fällen, wenn zum Beispiel die Witterung nichts anderes zulässt. Dabei berücksichtigen wir die Artenschutzbelange in besonderer Weise. Wir vergewissern uns beim Auswählen der Bäume, dass es sich nicht um einen Horst- oder Habitatbaum handelt oder ein Horst- oder Habitatbaum in unmittelbarer Nähe steht. In der Regel findet die Holzernte jedoch im Herbst und Winter statt.
Alexander Decius
Muss ich als Selbstwerber einen Motorsägenkurs belegen?
Ja, denn nach den Standards von FSC® und PEFC sind die Schleswig-Holsteinischen Landesforsten verpflichtet, nur geschulte Personen in ihren Wäldern Brennholz aufarbeiten zu lassen. Um Unfälle zu vermeiden, müssen Selbstwerber einen Motorsägenkurs absolvieren oder eine vergleichbare Ausbildung vorweisen. Informationen zu den Kursen der Landesforsten finden Sie unter https://www.forst-sh.de/werte/holz.
Hartmut Hoffmann
Warum fällt ihr Bäume an den Wegen, Straßen und entlang der Bahntrassen?
Bei diesen Maßnahmen handelt es sich um Verkehrssicherungsarbeiten. Herabfallende Äste oder umknickende Bäume führen immer wieder zu Schäden und können eine Gefahr für die Waldbesucher, aber auch für vorbeifahrende Autos und Züge darstellen. Aus diesem Grund entfernen wir Bäume und Äste, die als gefährlich eingestuft sind. Nach dem Gesetz sind Waldeigentümer zur Verkehrssicherung an Straßen und Plätzen verpflichtet.
Alexander Decius
Werden auch Bäume nachgepflanzt?
Die Landesforsten streben stabile, strukturreiche Mischwälder an. In Laubbaumwäldern verjüngen sich die Bäume oft selbst, indem die Samen auf den Waldboden fallen und im nächsten Frühjahr keimen. In Nadelbaumwäldern werden Bäume nachgepflanzt, damit aus den reinen Nadelbaumbeständen im Laufe der Jahre Laub-Nadelbaum-Mischwälder werden. Dabei achten wir darauf, dass die Bäume zum jeweiligen Boden passen. Auch dort, wo zum Beispiel ein Sturm Bäume umgeworfen hat, pflanzen wir passend zum Standort Bäume nach.
Alexander Decius
Wie lautet Ihre Frage? Was können wir aus Ihrer Sicht besser machen? Worin sind wir, andererseits, besonders gut? Sprechen Sie mit uns über die Zukunft des Waldes. Wir freuen uns auf Ihre Einsendungen! Nutzen Sie einfach unser Kontaktformular oder senden Sie uns eine Mail: meine.meinung(at)wald-dialog.de.